Eine Bundestagsabgeordnete hatte eingeladen zu einer offenen Diskussionsrunde eingeladen. Es sollte um die Digitalisierung von Städten, also um Smart Cities gehen. Ich nahm daran teil, weil ich mir Themen wie digitale Behörden, intelligente Verkehrskonzepte oder ähnliche Dinge gehen würde. Schnell stellte sich doch heraus, dass es den meisten Teilnehmern eher darum ging, wie man verhindern könne, dass durch Digitalisierung die Mieten steigen würden. Konkretes Beispiel war der Einbau von SmartHome-Systemen in Mietwohnungen, die als Modernisierung zählen würden. Am Rande ging es dann doch noch mal um Digitalisierung und ich warb dafür, dieses Thema bei der Bundesregierung mehr in den Vordergrund zu stellen und zu zentralisieren. Das würde am einfachsten durch einen Digitalminister gehen. Es gab heftigen Gegenwind, vor allem von den anwesenden meist älteren Parteimitgliedern. Digitalisierung sei ja schon ein priorisiertes Thema und ein eigenes Ministerium hätte auch zu viel Macht.
Hier zeigte sich mir wieder, dass viele Menschen auf der einen Seite Angst vor Technologie haben, die sie teilweise auch nicht verstehen, und eher die negativen Seiten sehen. Zum anderen habe sie Angst, dass diese Technologien noch mehr Einfluss bekommen könnten.
Dabei bleibe ich dabei: In der nächsten Bundesregierung muss es einen Digitalminister geben. Natürlich weiß ich, dass wir mittlerweile eine Staatsministerin haben und damit das Thema sehr nahe an der Bundeskanzlerin ist. Aber die Befugnisse sind eben begrenzt. So koordiniert man nur und kann selber kaum etwas entscheiden. Auch gibt es kein eigenes Budget dafür, dieses ist in den anderen Ministerien verteilt. Damit kann man natürlich immer noch Akzente setzen, aber Richtungsentscheidungen sind schwierig. Diese müssen immer mit den anderen Ministerien abgestimmt werden.
Ist ein Digitalminister zu mächtig?
Ein Gegenargument ist, dass ein solches Ministerium zu sehr in Angelegenheiten anderer Ministerien eingreifen würde. Das war auch mit dem Umweltministerium so. Gegründet wurde es, um Kompetenzen zu bündeln (und um den Tschernobyl-Schock und das Aufkommen der Grünen zu bekämpfen). Denn es war klar, dass zu viele Teilbereiche verteilt waren, so dass die eher stiefmütterlich behandelt wurden. Mit der Gründung des Ministeriums wurde betont, dass es ein wichtiges Thema war. Die Parallelen zur Digitalisierung sind offensichtlich.
Das Argument, dass ein Digitalminister zu mächtig in einem Bundeskabinett wäre, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Aber es würde die Welt, wie sie existiert, besser abbilden. Digitalisierung hat sich mittlerweile so gut wie in jedem Bereich des Lebens ausgebreitet. Die Herausforderungen bezügliche Arbeit, Datenschutz und ethischen Fragen sind gewaltig. den einzelnen Ministerien aber werden die Schwerpunkte anders gesetzt. Da ist die Digitalisierung nur ein Randphänomen.
Beispiel Künstliche Intelligenz: Dieses Thema ist vor allem im Bildungsministerium aufgehangen. Da geht es aber dann eher um die Forschung. Themen wir die rechtliche Seite oder Verbraucherschutz werden hier natürlich weniger beleuchtet. Dass ganz nebenbei auf den Internetseiten deutlich wird, dass KI kein Schwerpunkt ist, zeigt dessen Prioritäten. Dabei wird das mit all seinen Chancen und Risiken in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Und dann wird man sich nun über eine Strategie kümmern müssen, wie wir damit umgehen wollen.
Der Minister als Brückenbauer
Zugleich böte ein Digitalminister die Chance, den Menschen die Chancen der Digitalisierung näher zu bringen. Sie oder er könnte bei vielen Themen regulierend eingreifen, andere Themen entsprechend fördern und damit zeigen, dass die Sorgen der Bürger ernst genommen werden würde. Und es könnte eigenständig Themen vorantreiben und damit die anderen Ministerien auch herausfordern. Eine Agentur, ein Staatsminister oder ähnliches können nur Vorschläge machen. Die Gestaltung läge aber weiter bei den einzelnen Ministerien und deren Priorisierungen haben zumindest in der Vergangenheit gezeigt, dass die verantwortlichen Personen sich mit digitalen Themen weder hervorgetan haben noch sich wirklich damit beschäftigen wollen.