Sind Meta-Daten die neuen Drogen?

Sitzen ist das neue Rauchen. Sagt man. Weil zu viel sitzen und damit zu wenig Bewegung ja ungesund ist. Sagen die Daten. Und rauchen tut ja heute keiner mehr, also fast keiner. Außer ein paar Unverbesserlichen und denjenigen, die nun diese neumodischen Verdampfer haben. Und ja, der Vergleich hinkt ein wenig, weil man sich das Sitzen ja nicht immer unbedingt aussuchen kann. Schließlich bietet nicht jedes Büro Stehpulte zum Arbeiten an.

Wie dem auch sei, man sagt ja auch, Daten sind das neue Gold. Und die vielen Dienste, die wir heute so benutzen, ohne Geld dafür zu bezahlen, sind ja eigentlich nicht kostenlos. Wir bezahlen mit unseren Daten dafür. Und eigentlich sind wir ja auch nicht die Kunden, sondern das Produkt. Die Kunden sind die Werbetreibenden, die basierend auf unseren Daten Werbung ausspielen. Oder andere Firmen, die wer weiß was mit unseren Daten machen. Das komische ist: Das ist uns ja irgendwo unterschwellig bewusst. Und eigentlich auch ziemlich egal, denn diese Dienste haben ja einen großen Erfolg und verdienen eine Menge Geld mit ihrem Geschäftsmodel.

Dabei geht es nicht einmal nur um die Daten, die wir direkt eingeben. Mindestens genauso interessant sind die Meta-Daten, also jene, die fast nebenbei und für uns oft nicht nachvollziehbar gesammelt werden. Dass zum Beispiel die neuen Mobilitätsdienstleister wie Carsharing-Firmen, Fahrradverleiher und Uber Bewegungsprofile erstellen, scheint jedem klar, auch wenn der Sinn dahinter sich nicht jedem erschließt. Aber auch das regt kaum einen auf.

Die Daten-Skandale sollten keinen überraschen

Nur manchmal schrecken uns einige Meldungen auf. Wie letztens zum Beispiel der „Skandal“ um Cambridge Analytica. Oder die Untersuchung der Universität Nürnberg, die nur aufgrund des für jeden verfügbaren Online-Status von WhatsApp Onlineprofile von wildfremden Menschen erstellen konnte. Klar, mag man jetzt sagen, nette Spielerei, aber wen interessiert das? Zum Beispiel Krankenkassen, die sehen, dass man nicht genug Schlaf bekommt und dann die Beiträge erhöhen. Oder der nächste Arbeitgeber, der sich fragt, ob er den Bewerber wirklich einstellen sollte, wenn der nachts die ganze Zeit online ist und damit am Tag vielleicht nicht so leistungsfähig.

Spätestens hier beginnt für den einzelnen das Dilemma: Was ist nun die Konsequenz? Den Messenger wechseln, zu einem vermeintlich besseren wie Signal oder Threema? Wo man dann ganz alleine ist, weil der Freundeskreis einen als „Nerd“ oder „Aluhut“ abtut? Oder ganz drauf verzichten, mit dem Resultat aus der aktuellen Kommunikation ausgeschlossen zu werden? Zudem müsste man dann gleich das ganze Smartphone stilllegen, denn Android und iOS senden von Hause aus schon eine Menge an Metadaten an ihre Erschaffer. Da helfen noch nicht einmal VPNs, denn die Daten werden ja auf dem Gerät selber erhoben. Und selbst bei einem „dumb-phone“ bekommt der Handyprovider genug Verbindungs- und Bewegungsdaten, die sicher einige interessante Rückschlüsse zulassen. Also gleich wieder zurück in die Höhle, Kommunikation per Rauchzeichen und sich damit aus dem modernen Leben mit den vielen Annehmlichkeiten verabschieden? Wohl auch keine Alternative.

Kann es dafür eine Lösung geben?

Natürlich muss ich sorgsam mit meinen Daten umgehen und mich bei jeder App fragen: Wozu braucht sie diese Berechtigung? Muss eine Taschenlampen-App wirklich auf meinen Standort zugreifen? Aber manchmal will ich ja auch genau das.

Und damit ist nicht Sitzen für mich das neue Rauchen, sondern dieses ganze Benutzen von Social Media / Messengern / Internet-Gedöns. Obwohl ich genau weiß, dass ich damit eine Menge an Daten preisgebe, mache ich es trotzdem, weil es mit Spaß bringt und einen Nutzen für mich hat. Genau diese Logik müssen wohl Raucher auch haben (als Nichtraucher für mich schwer nachvollziehbar): Obwohl ich genau weiß, dass Rauchen schädlich für meine Gesundheit ist, entscheide ich mich bewusst dafür, weil ich Spaß daran habe, es genieße und die Wirkung haben möchte. Der einzige Unterschied ist, dass ich glaube, Rauchen ist einfacher aufzugeben.

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