Dann eben nächstes Weihnachten, paydirekt

In diesen Tagen geht das Weihnachtsgeschäft zu Ende und die Online-Händler werden wieder einmal Rekordumsätze vermelden. (Sehr zum Leidwesen der traditionallen Händler, aber das ist eine andere Geschichte.) Und damit wird es weitere Gewinner geben: Die Zahlungsdienstleister. Auch PayPal, Sofortüberweisung & Co. werden ihr Stück vom Kuchen abbekommen haben. Doch bei einem aus der Zunft wird es eher lange Gesichter geben: paydirekt. Das Schlimme ist, das war mit Ansage.

Im letzten Jahr hat man das mit dem Weihnachtsgeschäft nicht geschafft. Das lag unter anderem an den Sparkassen, die erst im April dieses Jahres hinzukamen. Ohne diese große potentielle Kundengruppe waren die Händler aber gar nicht zu überzeugen und so war schon mal 2015 abgeschrieben. Dieses Jahr sollte alles besser werden. Bereits im August vermeldete man, dass wichtige Onlinehändler dabei wären. Bei diesen könne man dann im Weihnachtsgeschäft auch mit paydirekt bezahlen. Und auch die Werbemaschine lief endlich an, auch wenn die Sparkassen sich beschwerten, sie seien ja bislang die einzigen, die Werbung machten. Immerhin, die großen Namen (Rakoon, MediaMarkt & Saturn, dm) kamen auch, wenn auch teilweise viel zu spät. Erst Anfang Dezember, als das Geschäft schon im vollen Gange war, wurden die Bezahlverfahren implementiert. Und richtig prominent findet man sie auch nicht (bei MediaMarkt muss man zum Beispiel erst einmal „alle Zahlverfahren“ aufrufen, um das zu sehen).

Die großen Probleme bei paydirekt sind weiterhin ungelöst

Und so muss auch dieses Weihnachtsgeschäft mit angeblich 800.000 registrierten Kunden abgeschrieben werden. Ich erspare mir jetzt Vergleiche mit PayPal, Sofortüberweisung oder Giropay und wie viel Transaktionen und Umsatz die nach einem Jahr hatten, denn die Startparameter sind 2015 anders gewesen als noch zehn Jahre zuvor. Und trotzdem darf man sehr kritisch sein, ob Weihnachten 2017 so viel besser sein wird. Denn nach wie vor hat paydirekt einige sehr große Probleme, die nicht einfach zu lösen sind:

  • paydirekt soll das Problem der Banken lösen, nicht das der Kunden
    Es scheint mir so, als ob die Hauptmotivation der Banken, paydirekt ins Leben zu rufen, zur keinen Zeit darin bestand, ihnen ein Problem abzunehmen, das bislang niemand anders lösen konnte. Denn das einzige Unterscheidungsmerkmal, was paydirekt zu den anderen Zahlungsdienstleistern hat, ist der Standort Deutschland mit seinen angeblich so hohen Standards in Punkto Sicherheit und Datenschutz. Und mittlerweile ist ja hinlänglich bekannt, dass die Deutschen zwar gerne mal aufschreien, wenn das Haus photographiert wird, aber ansonsten doch ziemlich sorglos mit ihren Daten umgehen. An einem Mangel an Alternativen zu PayPal kann es zu mindestens nicht liegen, denn mit den schon erwähnten Giropay, Sofortüberweisung und der altbekannten Rechnung bietet der Onlinehandel jetzt schon eine ganze Reihe von verschiedenen Möglichkeiten beim Bezahlen an. Man könnte ja nun bei den Händlern ansetzen, aber da sieht es noch schlimmer aus. Weder ist paydirekt günstiger noch unkomplizierter. Somit wären der einzigen, die einen wirklichen Vorteil hätte, die Banken, die zum einen ein weiteren Einnahmekanal hätten, zum anderen eine weitere Möglichkeit, Daten von den Händlern zu erhalten, um damit den Kunden weitere Produkte zu verkaufen.
  • Die Banken haben keine Zeit und wollen keine weiteren Risiken eingehen
    Angeblich wurden bereits 100 Millionen Euro von den Banken investiert. Dieses Geld muss erst einmal wieder reingeholt werden, weshalb sie sich weigern, bei den Transaktionskosten herunterzugehen. Und auch millionenschwere Werbekampagnen wurden nur zögerlich angefahren, worüber sich die Sparkassen ja schon beschwert haben. Und offensichtlich fehlt der Wille, hier noch mehr zu investieren. Denn ein reines Brandmarketing wird sicher kaum die Wende bringen. Bei den Händlern hat man zwar mittlerweile einige Schwergewichte an Board, aber um auf einen wirklich relevanten Marktanteil zu kommen, muss man eventuell im ersten Jahr deutlich unter den Sätzen von PayPal, eventuell auch untern den Sätzen der Kreditkarten kommen. Darüber, dass man Plugins für die Integration in die Shopsysteme selbstverständlich kostenlos anbietet, muss man ja wohl nicht reden. Und selbst dann, nur mit vielen Händlern wird das auch nicht vom Kunden benutzt werden. Auch hier muss man diese inzentiveren wie zum Beispiel durch kostenloser Versand, wenn man paydirekt benutzt. Beide Maßnahmen würden aber Geld kosten und auch das müssen die Banken wieder reinholen.
  • Es ist ein deutsches Projekt
    Auch das ist ein hausgemachtes Problem: Die Konzentration auf den deutschen Markt. Dabei ist es gerade hier sehr schwierig. Ein Drittel der Leute kaufen am liebsten online über Rechnung ein. Und auch die Kreditkarten, die das Konto nicht sofort belasten, werden immer beliebter. Somit schrumpft der Anteil der potentiellen Kunden weiter. Wie schon gesagt, hier gibt es ja eine ganze Reihe an bereits etablierten Konkurrenten. Und das der deutsche Markt schwierig ist, zeigen das Verschwinden von ClickandBuy oder Yapital, die mit Hinweis auf das schwierige Markumfeld das Handtuch geschmissen haben. 10 Prozent Marktanteil, die man im konservativen Fall bis 2020 erreichen will, sind also mehr als ambitioniert.
    Bliebe also zumindest Europa, aber das wären wieder weitere Kosten, man müsste schauen, in welchen Märkten es funktioniert, müsste ausländische Banken ins Boot holen, zumindest ausländische Partner, …

Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden

Alle drei Punkte hätten bekannt sein müssen, bevor man das Projekt startet. Nun läuft man einem agilen Markt hinterher. Dieser wird wahrscheinlich mit mobilen Bezahlmethoden wie Apple Pay im nächsten Jahr noch einmal aufgeschreckt werden. paydirekt wird dann wieder nachholen müssen. Und die Banken müssen sich nun entscheiden, ob sie noch mal viel Geld nachschießen wollen oder das Geld abschreiben und sich vielleicht auf Giropay und andere Produkte konzentrieren, die besser laufen oder wo die Konkurrenz (noch nicht!) so stark ist.

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